10.01.2022
Wir leben in einer Welt, in der wir so viele Bilder sehen, dass wir ihnen gegenüber schon fast abgestumpft sind. Was braucht man also, um ein Bild zu schaffen, das Menschen wirklich zum Nachdenken anregt? Mit über 30 Jahren Erfahrung im Fotografieren für einige der größten Zeitschriften der Welt gibt der Fotojournalist Tomasz Tomaszewski einige Tipps, wie man mehr als nur hübsche Bilder macht.
Seit geheimnisvoll
Grundsätzlich wird etwas wertvoller, wenn es mit einem Geheimnis oder einer verborgenen Bedeutung verbunden ist. Dasselbe gilt laut Tomasz für die Fotografie. Geht unter die Oberfläche großartiger Bilder, denn dort geht mehr vor sich als nur das Offensichtliche.
„Für ein tolles Foto muss man etwas erschaffen, das ein Geheimnis, eine Metapher enthält“, erklärt er. „Die besten Bilder sind diejenigen, die unsere Fantasie beflügeln, Fragen provozieren und uns herausfordern, eine Schlussfolgerung zu finden.“
Weniger ist mehr
Euer Ziel sollte es sein, eure Bilder so einfach wie möglich zu halten. Jeder weiß, dass noch so gute Bildbearbeitung kein schlechtes Bild in ein großartiges Bild verwandeln kann. Laut Tomasz muss man sich jedoch wirklich Gedanken über eine Aufnahme machen, bevor man den Auslöser drückt. Könnt ihr vielleicht einen Schritt vor oder zurücktreten, um den Bildausschnitt und das, was der Betrachter sieht, zu ändern? Laut Tomasz sollte das Ziel darin bestehen, die Geschichte zu erzählen und die Botschaft so einfach wie möglich zu vermitteln.
„Die Herausforderung beim Erreichen von Perfektion ist für mich die Reduktion – ein Bild auf das Wesentliche zu reduzieren und dennoch den Sinn zu vermitteln“, sagt er. „Ich möchte mir ein Foto ansehen und es im Bruchteil einer Sekunde verstehen.“
Es gibt einen Grund dafür, dass so viele legendäre Bilder mit 35-mm- oder 50-mm-Objektiven aufgenommen werden: Sie bieten ein Sichtfeld, das dem menschlichen Sehvermögen nahe kommt, und geben uns das Gefühl von Verbundenheit mit dem Foto.
Obwohl Tomasz eine Sony α7R III mit einem Objektiv mit FE 24-70 mm f/2,8 GM verwendet, versucht er, so nah wie möglich an 35 mm heranzukommen. Er hat sogar eine kleine Markierung auf seinem Objektiv, damit er diese Brennweite leicht erreichen kann. Er empfiehlt die Aufnahme mit einer Brennweite von 35 mm oder 50 mm. Dabei entsteht die Herausforderung, spannende Szenen zu fotografieren, ohne sich auf optische Tricks zu verlassen, um die Perspektive zu wechseln.
Wenn man mit einem Objektiv mit einer Brennweite von 24 mm oder 28 mm in einer banalen Situation durch den Sucher blickt, sieht man etwas Ungewöhnliches, da es sich von der eigenen Perspektive unterscheidet, sagt er. „Das Gehirn sieht etwas anderes als das, was es vorher mit dem Auge gesehen hat. Bei einem 35-mm- oder 50-mm-Objektiv, bleibt eine banale Szene auch durch den Sucher langweilig. Vor allem bei einer Brennweite von 50 mm, muss man also gebannt sein und etwas Atemberaubendes sehen, bevor man den Auslöser drückt.“
Empathie
Tomasz' wichtigster Ratschlag für die nächste Generation von Fotojournalisten und Dokumentarfotografen? Man braucht Empathie.
Er erklärt: „Was einen Menschen ausmacht, ist nicht, dass er Empathie gegenüber seinem Land, seiner Familie oder seinen Liebsten empfindet. Es ist die Fähigkeit, Empathie für jemanden zu empfinden, den man nur ansieht. Wenn ich mir heutzutage Bilder ansehe, sind diese so kalt, wie Eisberge. Fotografen sehen keine Menschen in den Personen, von denen sie Fotos machen – sie behandeln sie nicht subjektiv, sondern wie Objekte, wie Schauspieler. Ich sehe sehr gut gelungene Bilder von Menschen, aber sie haben keine Seele. Empathie ist absolut entscheidend.“
Tomasz ist ein Sony Europe Imaging Ambassador. Mehr über seine Arbeit findet ihr unter https://www.sony.de/alphauniverse.