12.02.2025
Die Timelapse- und Hyperlapse-Fotografie ermöglicht es, Zeit auf einzigartige Weise erlebbar zu machen. Felix Noak gibt in diesem Interview Einblicke in seinen Werdegang, die technischen Unterschiede beider Disziplinen und die Ausrüstung, die er für seine Aufnahmen nutzt. Zudem spricht er über Herausforderungen bei der Planung und Nachbearbeitung sowie darüber, welche Entwicklungen die Zukunft der Zeitrafferfotografie prägen könnten.
Hey Felix, wie bist du zur Timelapse- und Hyperlapse-Fotografie gekommen, und was fasziniert dich daran?
Ich bin durch YouTube auf Timelapse Videos von Sonnenauf- und untergängen gestoßen, die mich sofort fasziniert haben. Meine erste Timelapse war ein Sonnenaufgang, den ich mit einer GoPro aufgenommen habe. Die Aufnahme selbst war nicht besonders spektakulär, aber das Ergebnis – der Übergang von Nacht zu Tag in nur wenigen Sekunden – hat mich total begeistert. Ich bin immer tiefer in das Thema eingestiegen, habe geübt und neue Techniken gelernt. Irgendwann stößt man dann automatisch auf das Thema Hyperlapse. Über einen Freund hatte ich Zugang zu Adobe Software und dem Warp Stabilizer, den man für die Stabilisierung von Hyperlapse Aufnahmen nutzt. Nach einigen Fehlversuchen wurden meine Ergebnisse immer besser, und ich habe an meinen Aufnahmetechniken und der Nachbearbeitung gefeilt. Bis heute fasziniert mich die Möglichkeit, Dinge sichtbar zu machen, die mit bloßem Auge kaum wahrnehmbar sind. Sei es ein Sonnenaufgang über der Stadt in ein paar Sekunden oder die Bewegung der Wolken in den Bergen – jede Aufnahme ist anders und lässt einen immer wieder etwas Neues entdecken.
Was sind die Hauptunterschiede zwischen Hyperlapse und herkömmlicher Zeitraffer-Fotografie?
Vereinfacht gesagt: Bei einer Zeitrafferaufnahme wird die Kamera auf einem Stativ oder einer festen Position platziert und macht in regelmäßigen Intervallen Fotos. Der Bildausschnitt bleibt dabei immer derselbe. Bei einer Hyperlapse dagegen bewegt sich die Kamera zwischen den einzelnen Aufnahmen. Man geht zum Beispiel nach jedem Foto einen Schritt auf das Motiv zu oder bewegt sich seitlich. Dadurch entstehen zwei Effekte: Zum einen der klassische Zeitraffereffekt, in dem die Zeit schneller vergeht, und zum anderen eine perspektivische Veränderung, weil man sich näher auf das Motiv zubewegt bzw. den Ort der Aufnahme über die Zeit verändert.
Deine Ausrüstung spielt eine wichtige Rolle für die Qualität deiner Produktionen. Welche Kameras und Tools verwendest du typischerweise?
Meine wichtigste Kamera ist die Canon R5, mit der ich 8K-Aufnahmen erstellen kann und die bei jeder Witterung zuverlässig funktioniert. Meistens nutze ich das Weitwinkel Objektiv Canon RF 15-35mm F2.8, das sich perfekt für Landschaften, Gebäude und enge Räume eignet. Die Bildstabilisierung von bis zu 8 Stufen dieser Kombination ermöglicht mir außerdem längere Belichtungszeiten bei Aufnahmen aus der Hand, was besonders bei Nacht ein großer Vorteil ist. Gelegentlich ist auch das Canon 70-200mm F2.8 Telezoom dabei, gerade wenn ich in den Bergen unterwegs bin.
ND-Filter dürfen auf keinen Fall fehlen – sie sind wichtig, um auch bei Tageslicht lange Belichtungszeiten zu ermöglichen. Durch diese langen Belichtungszeiten entsteht Bewegungsunschärfe, die bei sich bewegenden Objekten im Bild zu einem besonders flüssigen Look im finalen Zeitraffer führt.
In der Nachbearbeitung sind Adobe Lightroom und LRTimelapse unverzichtbar. LRTimelapse ist eine spezielle Software für Zeitrafferfotografie und hilft besonders beim Erstellen der Übergänge von Tag zu Nacht und bei der Verarbeitung einer großen Anzahl an Zeitraffersequenzen. Für die Stabilisierung und Bearbeitung der Hyperlapse und die Bearbeitung nutze ich Adobe After Effects.
Was zeichnet deiner Meinung nach eine gelungene Aufnahme aus? Und wie gehst du bei der Planung deiner Vorhaben vor?
Ich nehme hier als Beispiel einen Sonnenaufgang : Für mich ist eine Aufnahme gelungen, wenn man den kompletten Übergang von Tag zu Nacht oder umgekehrt in all seinen Phasen sehen kann. Vom sternenklaren Himmel ohne Verkehr auf den Straßen bis hin zur aufgehenden Sonne und der Bewegung auf Straßen und Gehwegen – am besten mit einem schönen Farbspektrum aus Orange, Rot und Lila in der Zwischenzeit. Hier spielen die Wolken, die Position der Kamera und der Sonnenverlauf eine entscheidende Rolle.
Für die Planung nutze ich verschiedene Tools: Wetter und Wolken prüfe ich mit Apps wie Windy und Wetter Online. Den Sonnenverlauf schaue ich mir in Google Earth oder mit der App PhotoPills an, die auch die genauen Zeiten für Sonnenaufgang, Dämmerung und weiteres anzeigt. Die genaue Kameraposition prüfe ich oft vor Ort ein paar Tage im Voraus, um sicherzugehen, dass keine störenden Elemente wie Kräne oder Baustellen im Bild sind.
Kannst du uns von einem besonders herausfordernden oder ungewöhnlichen Projekt berichten?
Hyperlapse auf Festivals sind für mich immer die größte Herausforderung. Wenn ich dort eine Hyperlapse von der Bühne erstelle, muss ich mich durch tausende Menschen navigieren und dabei möglichst gerade laufen, um am Ende ein gutes Ergebnis zu erzielen. Die Umgebung ist oft dunkel, was die Orientierung erschwert, und ich muss über den Köpfen der Menschen aufnehmen, damit die Bühne auch im Bild ist und nicht durch Köpfe verdeckt. Dafür nutze ich eine Kombination aus Monopod und Gimbal, um auf fast zwei Metern Höhe zu fotografieren. Die Nachbearbeitung ist bei solchen Aufnahmen auch sehr anspruchsvoll, weil die Lichtverhältnisse sich ständig ändern. Trotzdem macht es unglaublich viel Spaß, und die Aufnahmen sorgen immer für Begeisterung.
Welche technischen Herausforderungen treten bei der Erstellung deiner Produktionen am häufigsten auf, und wie gehst du damit um?
Die größte technische Herausforderung sind die Datenmengen und deren Organisation. Bei einer dreistündigen Aufnahme eines Sonnenaufgangs entstehen oft 800 bis 1000 RAW-Fotos, was etwa 35 bis 45 GB Daten entspricht. Die final bearbeitete Videodatei hat meist auch nochmal bis zu 30 GB. Auf Reisen oder größeren Produktionen müssen demnach große Mengen an Daten verlustsicher gespeichert werden. Unterwegs nutze ich dafür SSD-Festplatten, und zu wird alles auf einem NAS abgelegt. Ich sortiere die Aufnahmen nach Datum, Ort und Art, um jederzeit schnell auf bestimmte Aufnahmen zugreifen zu können.
Wie siehst du die Zukunft der Timelapse- und Hyperlapse-Fotografie? Gibt es Trends oder Entwicklungen, die du besonders spannend findest?
Auch wenn aktuell immer wieder neue AI Modelle auftauchen, die sowohl normale als auch Zeitrafferfotografie angeblich ersetzen werden, glaube ich, dass die „echte“ Fotografie immer weiter existieren wird. Ein Zeitraffer eines Sonnenuntergangs sieht an jedem Tag anders aus. Abhängig von Wolken, Wind und vielen anderen Faktoren entsteht jedes Mal ein einzigartiges Zusammenspiel bzw. ein einzigartiger Moment der mit der Kamera aufgezeichnet wird. Ich denke, in der Zukunft werden die verschiedenen AI Tools jedem ergänzend zur Seite stehen und die Workflows vereinfachen und beschleunigen, jedoch nicht vollständig ersetzen.
Spannend finde ich insbesondere die Weiterentwicklung der Hardware die zur Bearbeitung von Fotos- und Videos genutzt wird. Hier insbesondere die MacBooks von Apple und deren eigene Prozessoren. Ich kann mittlerweile im Zug ohne weiteres 8K Zeitraffer oder tausende von RAW Fotos super schnell verarbeiten. Vor ein paar Jahren hat dies teils erheblich länger gedauert oder war nur an einem leistungsstarken Desktop PC möglich. Das macht sich vor allem beim Umwandeln und exportieren der finalen Videodateien bemerkbar, so bleibt mehr Zeit, um noch mehr Zeitraffer aufzunehmen.
Zum Abschluss: Welchen Rat würdest du angehenden FotografInnen geben, die in die Timelapse- und Hyperlapse-Fotografie einsteigen möchten, und welche Ressourcen empfiehlst du?
Ich empfehle, besonders viel Zeit und Sorgfalt in die Aufnahme vor Ort zu investieren. Vieles kann heutzutage in der Nachbearbeitung korrigiert werden, aber man erspart sich viel Zeit und Nerven, wenn schon bei der Aufnahme auf jedes Detail geachtet wird. Das fängt mit den einfachsten Dingen an, wie z.B. das Stativ sicher aufzustellen, damit nichts verrutscht oder sicherzugehen das der Akku der Kamera für die gesamte Aufnahme ausreicht.
Das notwendige Wissen ist heutzutage im Internet leicht zugänglich. Für den Einstieg sind YouTube-Tutorials zu den Grundlagen eine gute Option. Danach am besten gleich selbst loslegen – durch eigene Aufnahmen kommen schnell neue Fragen auf, die durch tiefergehende Recherche oder ausprobieren beantwortet werden können. Insbesondere bei Hyperlapse hilft Übung sehr, um ein Gefühlt für die Bewegung und gleichmäßige Aufnahmen zu bekommen. Auf meinem Instagram- und YouTube-Kanal teile ich ebenfalls immer wieder hilfreiche Tipps zu verschiedenen Aspekten der Zeitrafferfotografie.