25.03.2024
Max Muench, ein renommierter Reisefotograf, erzählt uns von seinen Anfängen mit einer FischerPrice-Kamera bis hin zur Nutzung der Canon R5. Erfahrt mehr über seine Leidenschaft für Fotografie und Musik, die ihn auf eine faszinierende Reise durch Deutschland und die ganze Welt geführt hat.
Hallo Max, wie bist du zur Reisefotografie gekommen und was war deine erste Kamera?
Als ich noch klein war, haben meine Eltern mir zu Weihnachten eine blaue Fisher-Price Kamera geschenkt, komplett aus Plastik und perfekt für meine kleinen Hände. Seitdem habe ich die Welt durch eine Linse betrachtet. Von einfachen Digicams bis hin zu meiner ersten eigenen Kodak-Digitalkamera war Fotografie meine zweite Leidenschaft, direkt nach der Musik, in der ich als Pianist die ersten zwei Dekaden meines Lebens verbringen würde. Später bin ich auf eine Canon 550D umgestiegen und bin, mit einem kurzen Abstecher zu Olympus für meine Reisen vor einigen Jahren, Canon treu geblieben und shoote aktuell mit der Canon EOS R5 , die ich 2022 bei Foto Meyer in Berlin erworben habe.
Meine Leidenschaft für Fotografie entwickelte sich während meiner Schulzeit in Chemnitz, Sachsen. Trotz und wegen begrenzter finanzieller Mittel habe ich begonnen, für lokale Magazine zu arbeiten und meine Bilder zu verkaufen. Lost Places waren meine besondere Faszination. Musik blieb ebenfalls ein wichtiger Teil meines Lebens. Meine Konzerte führten mich durch ganz Deutschland und ins Ausland, wo ich mit Künstlern wie Ludovico Einaudi und zahlreichen Orchestern und Bands sowie Solo auftrat.
Nach meinem Umzug nach Berlin im Jahr 2011 für mein Musikstudium arbeitete ich nebenbei als Fotograf für Volkswagen und in verschiedenen Restaurants. Doch erst 2014, als ich Instagram entdeckte und als Reiseleiter in England arbeitete, nahm meine fotografische Karriere richtig Fahrt auf. Ich co-gründete das German Roamers Kollektiv und begann, die Welt zu bereisen, von Italien über Kanada bis nach Tansania, um für Kunden und Tourismusverbände zu fotografieren. Instagram wurde mein Hauptjob, und ich entschied mich, meine musikalischen Ambitionen vorübergehend ruhen zu lassen, um mich ganz der Fotografie zu widmen.
So tauchte ich Ende 2015 vollständig in die Welt der Reisefotografie ein.
Wie würdest du deinen fotografschen Stil und deine Herangehensweise an das Festhalten von Reiseerlebnissen beschreiben?
Herangehensweisen und Stile ändern sich bei mir so häufig, wie andere ihre Schuhe. Nichts ist beständiger bei mir als die Veränderung – ich liebe es, neue Dinge auszuprobieren, mich und meine Arbeit neu zu erfinden und allem voran den Spaß nicht zu verlieren. In Chemnitz hatte ich mehrere Praktika bei etablierten Fotografen absolviert, aber heute wäre Studioarbeit für mich fast eine Qual. Ich habe auch nicht die Geduld, stundenlang an einem Ort zu verweilen, um das perfekte Licht mit einem Stativ einzufangen – aber ich habe den größten Respekt vor den Fotografen, die das tun!
Ebenso bewundere ich Fashion- oder Portraitfotografen, die mit künstlichem Licht meisterhaft Unglaubliches vollbringen. Ich hingegen nehme oft die Situation und den Moment, wie sie kommen, ohne die Möglichkeit, noch einmal von vorne zu beginnen. Ich liebe den Nervenkitzel, durch die Berge zu rennen, um den Sonnenaufgang aus verschiedenen Blickwinkeln zu erleben, nutze gern ein einziges Objektiv (manchmal das RF 35mm 1.8 , manchmal das RF 24-70mm 2.8 , manchmal sogar nur das RF 70-200mm 2.8 ) und hole das Maximum aus dem Moment heraus. Besonders die Arbeit mit dem RF 35mm 1.4 bereitet mir Freude, weil man in gewisser Weise zwar stark eingeschränkt ist, jedoch auf seine Kreativität maximal angewiesen ist und somit eine Herausforderung hat, den Moment so einzufangen, wie man ihn fühlt. Von reiner Landschaftsfotografie bin ich längst weg, ich liebe es aktuell sehr, Menschen mit einzubeziehen, ihre Geschichten zu erzählen oder sie einfach nur zu begleiten.
Welche Länder oder Orte haben dich bisher am meisten beeindruckt oder inspiriert und warum? Kannst du uns von einem unvergesslichen Moment während eines Fotoshootings auf Reisen erzählen?
Wie ihr sicher unschwer erkennen könnt, hat mich besonders die Mongolei fasziniert. Während eines Jobs für Adobe lebte ich dort 2016 mit Nomaden und erkundete das Land. Diese Reise hat mich nachhaltig geprägt. Obwohl ich die Kälte mag, fühle ich mich seitdem auch in Wüsten unheimlich wohl. Die Ruhe, die sanften Formen und die unendliche Weite haben eine besondere Anziehungskraft auf mich. Ein Moment in der Wüste Gobi ist mir besonders im Gedächtnis geblieben: Nach einem Sonnenuntergangsshooting kehrten wir mit den Kamelen zum Camp zurück. Es war dunkel, aber der klare mongolische Nachthimmel war voller Sterne und fernen Welten, der Mond stand über den Dünen, und das letzte Tageslicht ließ die Kamele vor dem Mond erscheinen, während sie langsam auf mich zukamen. Der aufgewirbelte Sand lag wie Nebel zwischen den langen Beinen der Kamele. Es war magisch, mystisch und absolut surreal. Obwohl ich kein Foto gemacht habe, ist dieser Moment für den Rest meines Lebens eingebrannt und bedeutet mir mehr als jedes Bild.
Wie gehst du bei der Planung deiner Fotoreisen vor und wie wählst du deine Ziele aus?
Oftmals sind es Jobs und KundInnen, die bestimmen, wohin die Reise geht. Wenn ich jedoch eine eigene Vision oder Idee habe und der Job es mir erlaubt, die Produktion an jedem Ort umzusetzen, dann zieht es mich gerne an abgelegene Orte, fernab der Touristenpfade. Ein Beispiel dafür war eine Produktion für MontBlanc, bei der ich innerhalb eines bestimmten Budgets die freie Wahl des Drehorts hatte. Also entschied ich mich für Kirgisistan, und es war einfach atemberaubend schön.
Für wichtige und umfangreichere Produktionen bevorzuge ich Orte, die mir vertraut sind und deren Situation ich besser einschätzen kann. Dazu gehören natürlich Länder wie die Mongolei, Island, die Vereinigten Arabischen Emirate oder auch die Schweiz. In Deutschland bin ich hingegen nur noch selten anzutreffen.
Was sind deine Must-haves in deinem Reiserucksack an Fotoausrüstung und auf welches Equipment könntest du auf keinen Fall verzichten?
Jede Reise ist einzigartig, und ich bemühe mich immer, leicht zu packen, aber gleichzeitig für alle Eventualitäten gerüstet zu sein. Neben den üblichen Kameras, SSD-Festplatten zum Speichern und verschiedenen Filtern (ProMist, Polarisator und variabler ND zum Filmen) habe ich fast immer auch eine Drohne von DJI dabei. Zusätzlich gehört ein kleines Stativ für mein Samsung Smartphone zur Standardausrüstung, das mittlerweile einen bedeutenden Anteil meiner Fotos und Videos ermöglicht. Mein absolutes Lieblingsgadget ist jedoch mein kleines AMC Licht, das ich immer und überall dabei habe – sei es als Taschenlampe beim Camping, als Nachttischlampe in Hotels oder natürlich zum Ausleuchten von Portraits oder dunklen Orten.
Unabhängig von der Kameraausrüstung mein Pro-Tipp: benutze zuhause einen guten Pillow-Mist und nimm die Flasche mit. So hast du immer deinen „Zuhauseduft“ dabei und schläfst besser, egal wo du bist.
Könntest du uns etwas über deine Firma FollowTheTracks erzählen und wie du dazu gekommen bist, Off-Road-Touren in Ländern wie der Mongolei und dem Oman anzubieten?
Gern!
Als ich zwischen 2016 und 2019 auf eigene Faust durch die Mongolei reiste, ohne Plan, aber mit lokalen Guides, hatte ich manchmal Pech und konnte mich nicht gut mit den Guides verständigen. Gleichzeitig konnte ich meinen Freunden keine Reisefirma empfehlen, wenn sie nach Möglichkeiten fragten, das Land zu erkunden. Also beschloss ich 2019, gemeinsam mit einem lokalen Mietwagen-Operator FollowTheTracks zu gründen – eine Mischung aus „Ich miete mir ein Auto und los geht’s, aber keine Ahnung wohin“ und „Ich buche eine geführte Reise und bin mit einer Gruppe unterwegs“.
FollowTheTracks liegt genau dazwischen und bietet Selbstfahrer-Reisen an, begleitet von einem Digital Guide. Als Reisende/r steigt man einfach ins eigene 4x4 Fahrzeug mit Dachzelt, startet die vorausgewählte Route und erkundet dann auf eigene Faust das Land – ohne physischen Guide und ohne Gruppe, sondern nur mit Familie oder Freunden. Man trifft dort auf Nomaden, reitet auf Kamelen und Pferden, durchquert endlose Weiten, Wüsten, Berge, Seen und Vulkanen und hat dabei den Spaß seines Lebens.
Seit diesem Jahr ist auch der Oman mit dabei, um während der kurzen Saison in der Mongolei (Mai-September) eine Winteralternative anzubieten (Oktober-April).
Das Konzept kommt sehr gut an und trotz der Covid-Pause direkt zum Start konnten wir ab Herbst 2022 bereits unerwartet viele Reisen umsetzen.
Ein kleiner Bonus für Fotografie-EnthusiastInnen: Auf den Routen in der Mongolei kann man parallel zur Reise auch eine Foto-Masterclass anschauen, die ich entlang der Routen gefilmt habe – 40 Videos voller Abenteuer, Fotografie-Wissen und Tipps, wie man sich ein eigenes Business aufbaut, sowie praktische Ratschläge für das beste Foto an genau dem Ort, an dem man sich gerade befindet.
Welche Rolle spielt für dich die Nachbearbeitung von Fotos und wie versuchst du, das Gleichgewicht zwischen Bearbeitung und Authentizität zu finden?
Ich strebe immer danach, so wenig Zeit wie möglich in die Nachbearbeitung zu investieren. Bei Videos ist das natürlich eine andere Geschichte, aber bei der Fotografie ist es mir sehr wichtig, dass bereits alles in der Kamera perfekt ist: die richtige Lichtstimmung wurde eingefangen, die Emotionen sind ausdrucksstark, die Komposition ist aussagekräftig und die technische Umsetzung ist gelungen. Das mag technisch klingen, aber tatsächlich geschieht dies alles aus reinem Gefühl und intuitivem Verständnis für die Kamera heraus.
Im Bearbeitungsprozess füge ich in der Regel nur einen bestimmten Look hinzu und beseitige kleine störende Elemente. Ich füge niemals etwas hinzu, räume nicht unnötig auf oder ersetze Himmel oder ähnliches. Mit sorgfältigen Masken kann man viel erreichen, und wenn man einmal einen Look pro Set gefunden hat, kann man sehr schnell und einfach große Datenmengen mit eigenen Presets in Lightroom bearbeiten.
Bei bestimmten, mir sehr wichtigen Bildern widme ich natürlich etwas mehr Zeit der Bearbeitung, aber im Großen und Ganzen bin ich eher minimalistisch, was den Bearbeitungsprozess betrifft. Das trägt letztendlich auch zur Authentizität bei – denn was bringt es mir, ein Reiseziel zu bewerben und dann durch Filter und intensive Bearbeitungen zu verfremden, wenn meine Follower auf Instagram dann tatsächlich den Ort besuchen und feststellen, dass alles ganz anders aussieht?
Vielen Dank, zum Abschluss ... welche spezifischen Tipps würdest du angehenden ReisefotografInnen geben, wenn es um Akquise und die Gewinnung neuer KundInnen geht?
Der heutige Markt ist überfüllt und es ist schwierig, sich abzuheben. Während meiner Fotoworkshops in der Mongolei (übrigens, im September findet der nächste statt - als Fotoreise - mehr Infos per E-Mail) gehen wir gemeinsam Mediakits, E-Mail Entwürfe und individuelle Arbeiten durch, um die eigene Nische zu finden und sich von anderen abzuheben.
Social-Media-Präsenz ist entscheidend; durch konstantes Posten und kreative Reels können FotografInnen mehr Menschen erreichen. Es ist auch hilfreich, sich mit Gleichgesinnten zu vernetzen, wie wir es bei German Roamers getan haben. Durch den Zusammenschluss sind wir gewachsen, haben uns einen Namen gemacht und wurden für Unternehmen interessanter.
Foto Meyer bietet regelmäßig Messen und Workshops an, eine großartige Gelegenheit, sich mit anderen FotografInnen zu treffen und auszutauschen.
Auf Kundenfang kann man beispielsweise auf Messen gehen, wie die jährlich stattfindende ITB in Berlin. Es ist nicht nur die weltweit größte Reisemesse, sondern auch eine ideale Gelegenheit, sich mit potenziellen Auftraggebern zu vernetzen. Die ITB ist für mich jedes Jahr ein fester Bestandteil meiner Kundenakquise und Kontaktpflege.
Outreach kann frustrierend sein, aber es ist oft der eine Job, der den Unterschied macht - so wie meine Mongoleireise 2016. Sie führte nicht nur zur Gründung einer Reisefirma und regelmäßigen Fototouren, sondern auch zu einem großen Netzwerk, auf das Unternehmen und Regierungen zurückgreifen. Träume groß, aber der erste Schritt kann klein sein - Hauptsache, er wird gemacht.