16.07.2024
Paul Hepper, geboren und aufgewachsen in Berlin, entdeckte früh seine Leidenschaft für die Fotografie mit der alten Digitalkamera seines Vaters. Nach einem Bachelor in einem anderen Bereich fand er 2020 durch ein Praktikum während des Covid-Lockdowns zur professionellen Fotografie. Seine Liebe zur Street Photography spiegelt sich in Projekten wie "Highs & Lows" in NYC wider, inspiriert von seiner Zeit auf YouTube und der Vielfalt sozialer Medien.
Hallo Paul, erinnerst du dich noch an deine erste Kamera? Kannst du uns kurz schildern, wie du zur Fotografie gekommen bist?
Meine erste Kamera hat mir mein Vater geschenkt. Mein genaues Alter weiß ich nicht mehr, aber es war noch in der Grundschule. Es war die alte Familien Digi Cam und wir waren auf dem Weg in den Sommerurlaub. Ich weiß noch, dass ich alles fotografiert habe. Mein Vater war begeisterter Hobbyfotograf - und dann habe ich ihm einfach alles nachgemacht. Das waren meine ersten Kontaktpunkte. Danach habe ich nie damit gerechnet, etwas mit Fotografie zu machen. Niemand in meiner Familie hat so einen kreativen Job. Dann habe ich mein ganzes Leben YouTube Videos gemacht. Dort hatte ich immer einen Kamerabezug.
So wirklich professionell wurde es 2020, als ich nach meinem Bachelor, der in eine ganz andere Richtung ging, ein Praktikum bei einem Fotografen machte. Dies geschah aber eher zufällig. Ich hatte ihn auf einem Event kennengelernt, und dann haben wir im Covid Lockdown 2020 viel Call of Duty gespielt. Irgendwann meinte er, ob ich Lust auf ein Praktikum hätte…
Du hast einen erfolgreichen YouTube-Kanal, inwiefern hat dieser dir zu deinem Erfolg als Fotograf verholfen?
Wie schon gesagt, war YouTube immer mein Herzensprojekt. Ich glaube bis heute hat keine Social Media Plattform so viel richtig gemacht wie YouTube. Dabei habe ich alles probiert in meiner Jugend. Von Gaming- zu Fitness- bis Sneakervideos. Und seit 2020 bin ich bei Fotografie hängen geblieben. Ich finde YouTube ist alles Gute, was das Internet mit sich gebracht hat. Ein freier demokratischer Raum, wo man sich kostenfrei kreativ ausleben aber auch konsumieren kann. Für jeden ist etwas dabei. Inwiefern es meinem Job als Fotograf tatsächlich in die Karten spielt, ist schwer zu sagen. Ich schätze, dass Plattformen wie Instagram dazu mehr beitragen. Aber es schadet heutzutage definitiv nicht, auf mehreren Social Media Kanälen aktiv zu sein.
Seit letztem Jahr bist du offizieller „Leicamann“ aka Ambassador und durftest als einer der ersten Fotografen weltweit mit der Leica M6 arbeiten. Erzähl uns mehr über das daraus entstandene Projekt!
Genau, 2022 hat mich Leica auf mein bisheriges Lieblingsprojekt gezogen. Ich war schon lange Fan der Marke Leica. Der Produkte und der Geschichte etc. Insofern habe ich meine Leica M6, als ich sie mir leisten konnte, überall mit hingenommen. Und das scheint sich ausgezahlt zu haben, als Leica mich als einen der drei Fotografen für die neue M6 haben wollte. Dabei finde ich, dass die Leica M besonders für dokumentarische Arbeiten geeignet ist. Und da mich bis heute NYC als Stadt wahnsinnig fasziniert, meinte ich damals, ich will dort hingehen. Das Projekt, in welches ich die Bilder aus der Reise mit einbringe, heißt „Highs & Lows“.
Das Projekt ist allerdings noch nicht beendet und ich führe es auf weiteren Reisen weiter. Das Ziel ist mein erstes Fotobuch. Dabei finde ich die extremen Unterschiede in NYC spannend. Wobei spannend das falsche Wort ist. „Highs und Lows“ - also „Höhen und Tiefen“ kann man natürlich einmal auf die architektonischen Gegebenheiten in NYC beziehen. Die hohen Gebäude sowie das legendäre U-Bahnsystem. Ich finde die Brücke zu den sozialen Problemen aber spannend. Der extreme Reichtum und die extreme Armut. So viele Menschen die in diese Stadt kommen für den „American dream“. Falls es diesen überhaupt noch gibt. Eine Mittelschicht scheint es in dieser Stadt der Superlative nicht zu geben. Da die soziale Spaltung auch in Deutschland immer größer wird, finde ich es ein wichtiges und spannendes Projekt, hier Parallelen zu ziehen.
Was ist das Besondere an dem Genre Street Photography? Was macht für dich ein gutes Foto aus?
Street Photography finde ich die ehrlichste Fotografie.
Theoretisch, ist egal wer du bist. Du kannst noch so reich, arm, berühmt oder was auch immer sein. Grundsätzlich beutetet es nicht, dass du gute Street Fotos machen wirst. Street Fotografie benötigt Zeit. Die Momente, die man sucht, passieren meist zufällig. Sie passieren nicht mehrmals. Man muss sie also finden. In der Theorie gewinnt derjenige, der am meisten Zeit investiert. Hin und wieder kann man natürlich Glück haben und etwas springt einem direkt vor die Linse. Aber manchmal passiert an einem Tag auch nichts Spannendes. Zudem finde ich es spannend, dass durch Street Fotos auch Entwicklungen von Regionen oder Städten dokumentiert werden. Beispielsweise wie sahen Berliner Straßen in den 80ern aus. Dabei werden meist auch authentische Emotionen der Menschen eingefangen, weil nicht mit professionellen Models etc. unter perfekten Bedingungen gearbeitet wird.
Ein gutes Foto ist in meinen Augen subjektiv. Wenn ich es definieren müsste, würde ich sagen, alles was den Zuschauer bewegt. Das Bild muss nicht perfekt scharf, belichtet etc. sein, solange es dem Zuschauer etwas erzählt. Ich glaube, dass die Geschichte hinter einem Foto weitaus wichtiger ist, als das Foto selbst.
Erzähl uns mehr über dein Equipment. Mit welchen Kameras und Objektiven gehst du zurzeit auf die Straße, bzw. benutzt du für deine Arbeit.
Als Erstes finde ich wichtig zu sagen, dass es kein perfektes Equipment gibt. Das womit man gut zurechtkommt, ist das richtige für diese Person. Und am Ende haben alle Kameras eine Blende, einen Fokus etc. Bedeutet es kommt mehr auf die Person hinter der Kamera, als die Kamera selbst an.
Nun aber konkret zu meiner Technik. Beruflich arbeite ich meistens mit verschiedenen Systemen. Digital nutze ich eine Leica M10, eine Sony A1 sowie eine Sony FX3 für kleinere Projekte. Analog habe ich meine Leica MP , Leica M6 , Contax G2 sowie eine Hasselblad 500cm. Dazu kommen noch diverse kleinere Spielzeuge wie Point and Shoot Kameras, 360 Grad Kameras, Action Cams etc. Bei den Objektiven versuche ich meistens meine M-Linsen zu nutzen, da diese mehr Charakter haben als viele Linsen von anderen Herstellern. So nutze ich diese meistens auf meiner Sony A1 sowie Sony FX3 mit einem einfachen M-Mount Adapter. Lieblingslinse ist dabei das Leica Summilux 24 1.4. Zudem miete ich sehr gerne Equipment, da besonders Kamera Bodies schnell wieder überholt sind.
Welche Chancen siehst du heutzutage für analoge Fotografen, um im professionellen Markt erfolgreich zu sein?
Ich fotografiere sehr gerne analog. Und aktuell hat dies wieder starken Aufwind. Ich glaube, dass jede Fotograf/in sich mit analoger Fotografie beschäftigen sollte. Denn wenn man mit einer analogen Kamera umgehen kann, dann auch mit jeder Digitalen. Zudem ist Film bis heute besser in Highlights, Schatten etc. Da kommt digitale Fotografie weiterhin nicht ran. Zudem freue ich mich immer wie ein kleines Kind, wenn mir mein Lab die Scans sendet.
Und weniger ist mehr. Ich gehe in meiner Freizeit nicht mit einem 24-70mm Objektiv raus. Klar ist es eine super Linse, aber sie macht einfach keinen Spaß. Zum Arbeiten machen diese Linsen total Sinn. Aber ich gehe lieber mit einer Festbrennweite aus dem Haus und suche mir die Winkel. Not macht erfinderisch wie man sagt.
Auf welche zukünftigen Projekte von dir dürfen wir uns freuen?
Wie angesprochen das NYC Projekt und ich arbeite gerade an einem Projekt zur Jugend nach der deutschen Wende. Es gibt noch viele kleinere Dinge, an denen ich sitze. Aber ich will in Zukunft mit meiner Arbeit als Fotograf und Director gerne immer wieder gesellschaftlich oder politische Themen behandeln, um der Welt hoffentlich etwas Gutes mitzugeben.
Vielen Dank, zum Abschluss…hast du einen Tipp für unsere LeserInnen, die in die analoge Fotografie einsteigen wollen?
Ich würde sagen „just do it“. Nicht im Technik oder Social Media Sumpf untergehen. Einfach rausgehen und ausprobieren. Mehr als schiefgehen kann es nicht - und dann hat man zumindest etwas gelernt.